Übers Laufen und was sonst so draußen passiert.

Schlagwort: erfahrung

wovon haruki murakami schreibt, wenn er vom laufen schreibt

ein schö­nes klei­nes buch, in dem so ziem­lich alles rund ums lau­fen steht. und noch ganz nett geschrie­ben, klar und prä­zi­se, flüs­sig zu lesen.

das inter­es­san­te sind hier aber natür­lich die inhal­te, die rei­chen erfah­run­gen, die mura­ka­mi als lang­jäh­ri­ger läu­fer gemacht. dabei geht es gar nicht so sehr um tech­ni­sche details – das buch wen­det sich schließ­lich an ein all­ge­mei­nes publi­kum, nicht nur an läu­fer. son­dern vor allem um per­sön­li­ches, um ver­än­de­run­gen der eigen- und fremd­erfah­rung. natür­lich spie­len auch ver­meint­li­che klei­nig­kei­ten immer wie­der hin­ein. etwa die aus­wahl pas­sen­der schu­he, wenn mura­ka­mi vom „psy­cho­lo­gi­schen vor­teil“ guter schu­he berich­tet (übri­gens ist er, wie ich auch, offen­bar ein mizu­no-fan).

mura­ka­mi ist zwar kein streak­läu­fer, prak­ti­ziert aber trotz­dem das täg­li­che lau­fen – mit unter­bre­chun­gen – als ziel und metho­de. auch wie­der ein sym­pa­thi­scher zug an ihm. vor allem aber die offen­heit, mit der er nicht nur von den schmer­zen des vor­be­rei­ten­den trai­nings berich­tet, son­dern auch die erfah­rung und ver­ar­bei­tung von nie­der­la­gen erläu­tert, sind gute pas­sa­gen. gera­de das letz­te­re, die aus­dau­ern­de und tie­fe ref­k­lek­ti­on der nie­der­la­ge – die ja beim lau­fen weni­ger mit dem „ver­lie­ren“ im wett­kampf als mit dem nicht­er­rei­chen eines per­sön­li­chen zie­les zusam­men­hängt – ist wohl etwas wirk­lich läu­fer­ty­pi­sches: läu­fer schei­nen sich viel inten­si­ver mit die­sen erfah­run­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen als ande­re hob­by­sport­ler. wohl ein­fach des­halb, weil lang­stre­cken­läu­fer – wenn sie nicht außer­or­dent­li­che bega­bun­gen sind – nie da her­um­kom­men, irgend­wann eine oder die ande­re zu erfah­ren. und im gegen­satz zu wett­kampf- und/​oder mann­schafts­sport­ar­ten ist man halt immer wirk­lich selbst schuld – es gibt sozu­sa­gen kei­ne aus­re­den. aber genau die­ses moment ist es auch wie­der, dass das lau­fen so wert­voll macht: man lernt, mit sol­chen rück­schlä­gen umzu­ge­hen – man muss es ler­nen. man lernt sozu­sa­gen so etwas wie „demut“: auch wenn man auf der einen sei­te die erfah­rung der enor­men leis­tungs­fä­hig­keit eines mensch­li­chen kör­pers (und ihrer stei­ge­rungs­fä­hig­keit) macht, so lernt man eben auch die gren­zen die­ses kör­pers immer wie­der ganz unmit­tel­bar ken­nen. das ist eine wesent­li­che erfah­rung, die jeder halb­wegs ambi­tio­nier­te läu­fer macht. und die beschreibt mura­ka­mi sehr gut – ich glau­be, anhand sei­nes tex­tes kön­nen das auch nicht­läu­fer nach­voll­zie­hen …

auch die viel­fäl­ti­gen ver­än­de­run­gen durch und im lau­fen kom­men bei ihm nicht zu kurz: die ver­än­de­run­gen der wahr­neh­mung etwas, von sich selbst und der umge­bung, die man anders – inten­si­ver gar nicht unbe­dingt, aber direk­ter, näher – erfährt – z.b. den wan­del der zeit, der jah­res­zei­ten, der jah­re … natür­lich auch die ver­än­de­run­gen des eige­nen kör­pers. aber auch die ver­än­de­run­gen des „geis­tes“ – die (konzentrations-)stärke (die hm die par­al­le­le zum schrei­ben zie­hen lässt) zum bei­spielt, das durch­hal­te­ver­mö­gen, die for­de­rung der eige­nen fähig­kei­ten, die aus­lo­tung von gren­zen und der ver­such, die­se gren­zen im rah­men der mög­lich­kei­ten zu ver­schie­ben. all das steht in die­sem klei­nen, sym­pa­thi­schen büch­lein auf ganz unauf­dring­li­che, per­sön­lich gefärb­te wei­se geschrie­ben.

haru­ki mura­ka­mi: wovon ich rede, wenn ich vom lau­fen rede. köln: dumont 2008.

der ultramarathonmann

als vor­be­rei­tung auf den renn­steig-super­ma­ra­thon sozu­sa­gen schon ein­mal pas­sen­de lek­tü­re: dean kar­na­zes‘ ultra­ma­ra­thon­man. aus dem leben eines 24-stun­den-läu­fers (riva 2008). eini­ge beein­dru­cken­de lauf­schil­de­run­gen ver­sam­melt er dort, vor allem die erfah­rung sei­nes ers­ten offi­zi­el­len ultras, des 100 mei­len-lau­fes wes­tern sta­tes endu­rance. danach wird’s dann etwas, nun­ja, ver­rückt: bad­wa­ter hal­te ich ja schon für grenz­wer­tig, aber einen mara­thon zum süd­pol – das ist schon etwas selt­sam. und es hat ja selbst für sol­che läu­fer nur mit bie­gen und bre­chen funk­tio­niert. ansons­ten ganz net­tes büch­lein (lei­der nicht sehr inspie­rend über­setzt – höhen­an­ga­ben in fuß hel­fen mir nicht sehr viel …), das immer wie­der um den gedan­ken kreist, war­um men­schen eigent­lich sol­che extre­me din­ge tun. und das vor allem so ehr­lich ist, dar­auf kei­ne wirk­li­che ant­wort zu haben. ange­nehm auch, dass er rein auf sich selbst fixiert bleibt: plat­zie­run­gen und ergeb­nis­se spie­len (fast) gar kei­ne rol­le: hier – zumin­dest in dem buch – geht es kar­na­zes um das erleb­nis des lau­fens, die erfah­rung der über­win­dung aller mög­li­chen schmer­zen …

so eini­ges wah­res steht da drin: „Lau­fen bedeu­te­te in ers­ter Linie: raus­ge­hen und Erfah­run­gen sam­meln. Ich sah, wie Gebäu­de ent­stan­den, wie die Vögel nach Süden zogen, un ich Wech­sel der Jah­res­zei­ten sah ich die Blät­ter fal­len und die Tage kür­zer wer­den“ (s. 30) – es ist im prin­zip banal und so ziem­lich jeder läu­fer hat dies wohl schon bemerkt. aber es stimmt. naja, von der art gibt es eine men­ge beob­ach­tun­gen und mei­nun­gen hier.

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