11.473 Läufer im Nacken – da muss man sich schon ein bisschen beeilen. Leider habe ich mich wohl am Anfang zu sehr beeilt. Am Ende fehlte jedenfalls die Kraft für die Traumzeit, die sub 3. Geworden ist es eine – ganz unbescheiden gesagt – trotzdem sehr gute 3:00:33. Aber mal von Anfang an.
Am Samstag in Ruhe die Startunterlagen geholt, etwas über die Marathonmesse spaziert (und doch mal wieder ein Paar Schuhe gekauft: Eigentlich hatte ich extra wenig Geld mitgenommen, um gar nicht in Versuchung zu kommen … Das Saucony-Angebot fand ich dann aber zu verlocken – da musste halt die EC-Karte herhalten), meine obligatorische Portion Nudeln verdrückt (in der dröhnend beschallten Festhalle, wo man schon mal den Zieleinlauf besichtigen konnte). Schon bei dem ganzen Kram zeigte sich: Der Frankfurter Marathon ist gut organisiert. Alles war leicht zu finden, gut ausgeschildert. Und trotz der Massen – 12.046 Marathonstarter, mit den anderen Wettbewerben (Staffel und Mini-Marathon) insgesamt über 20.000 Läufer – ging alles angenehm zügig und unkompliziert über die Bühne. Danach noch ein kurzes, nettes Treffen mit den anderen Streakrunnern – auch mit denen, die gar nicht mitliefen. Lars und Elke fehlten leider. Aber die traf ich dann dafür am Sonntag morgen auf dem Mainzer Bahnhof. Zusammen sind wir, mit einer Menge anderer Läufer, also nach Frankfurt gepilgert. Die Bahn und U‑Bahn brachten uns auch zuverlässig zur Messe. Nach der Kleiderbeutelabgabe dann die etwas langwierigere Sache mit den Toiletten – so direkt vor dem Marathon kann es wohl einfach nicht gut davon geben … Um 9.45 Uhr war ich dann auch schon in meinem Startblock. Zum ersten Mal in meiner (kurzen) Läuferkarriere durfte ich aus dem ersten Block – also quasi direkt hinter den Kenianer, die ich aber trotzdem nicht gesehen habe, weil ich mich natürlich brav schön hinten eingeordnet habe. Viel gebracht hat das nicht. Denn trotz des anfangs sehr unruhigen und für meine Empfindung sehr rauen Starts (zwei Läufer prügelten sich auf dem ersten Kilometer fast, auch sonst wurde mächtig viel gerempelt und so knapp wie irgend möglich überholt) war ich irgendwie dauernd zu schnell. Vielleicht lag’s an den Temperaturen: Auf den ersten Kilometern, so bis km 4 oder 5, fand ich es – trotz der Armlinge – sakrisch kalt. Aber es lief bestens: Locker sauste ich mit den anderen Läuferen – Frauen waren eher selten zu sehen – über den Asphalt, kreuz und quer durch die Frankfurter City. Die Orientierung hatte ich schnell verloren. Aber dafür gibt es ja die grüne Linie (in Frankfurt nicht blau, weil der Hauptsponsor „Dresdner Kleinwort“ heißt und das seine Firmenfarbe ist). Das Tempo blieb weiterhin hoch. Etwas arg hoch, wie sich später herausstellen sollte. Noch aber ging es erstaunlich locker und ohne größere Anstrengung voran. Die Kilometer purzelten fröhlich vor sich hin, das Feld zog sich allmählich doch immer mehr auseinander. Kurz nach Kilometer 12 ging es zum ersten mal über den Main, dann auf langen Geraden durch Sachsenhausen und Niederrad bis nach Schwanheim. Wirklich erstaunlich, wie viel selbst hier an der Strecke los ist. So richtig leer wurde es ganz selten – und überall war eine Mordsgaudi. Das lag höchstwarhscheinlich auch daran, dass ich immer noch im näheren Umfeld von Dietmar Mücke unterwegs war, der mal wieder barfuss und im Pumuckel-Kostüm unter drei Stunden lief. Über die Schwanheimer Brücke bei Kilometer 23 ging es dann wieder nach Nied hinüber, eine kurze Schleife durch den Rand von Höchst und wieder in Nied auf die lange Mainzer Landstraße. Inzwischen wurde mir das hohe Tempo immer schwerer. Immer öfter geschah es, dass ich leicht über dem anvisierten 4:15er Schnitt blieb. Hart wurde es dann vor allem ab den Kilometern 33 und 34. Jetzt waren es offenbar an der Zeit, die Reserven anzugreifen. Viel war da aber nicht mehr zu holen … Mit viel Beißen und Selbstquälerei gelang mir noch der eine oder andere Kilometer im richtigen Tempo. Ab Kilometer 35 und 36, wo es wieder in die City – mit ziemlich vielen Schlenkern – ging, wurde es zur echten Qual. Auf einmal zogen sich die Kilometer immer länger und länger. An Aufgeben war aber noch nicht zu denken. Denn eines war mir klar: Wenn ich jetzt auch nur zwei Schritte gehe oder bewusst langsam werde, dann komme ich nie wieder auf ein ordentliches Tempo – so gut kenne ich mich inzwischen. Also weiter brav die Zähne zusammengebissen. Und wie so oft half es auch, ein bisschen zumindest. Ab Kilometer 38 wurde ich zwar nicht mehr wesentlich schneller, aber immerhin auch nicht langsamer. Und es machte fast wieder Spaß. Dass die sub 3 kaum noch hinhauen würden, dafür brauchte es wenig Rechenkünste. Aber das es mit meinem Traumziel wenn überhaupt sowieso verdammt knapp klappen würde, war mir eh’ von vornherein klar. Immerhin reichte es noch für eine klitzekleine Temposteigerung ab Kilometer 41. Die letzten 1200 Meter zogen sich dann erwartungsgemäß wieder ordentlich und schienen gar nicht zu enden. Da half auch das lärmende Publikum nicht mehr viel. Eher noch die Aussicht, noch ein oder zwei oder drei Läufer zu kassieren. Das klappte dann auch noch. Und irgendwann erbarmte sich die grüne Linie dann doch und verließ hinter dem Messeturm die Straße, um zur Festhalle abzubiegen. Die Uhr zeigte dummerweise schon mehr als 2:59 an – unter drei Stunden würde ich nicht bleiben können. Dann also aber wenigstens nicht mehr als 3:01 – alles andere wäre jetzt echtes Versagen. Und dafür reichte es dann auch tatsächlich noch: 3:00:34 hatte ich selbstgestoppt auf der Uhr, die offzielle Zeit schenkte mir noch eine Sekunde. Nach dem Zielstrich fing das Leiden dann aber erst richtig an: So etwas habe ich noch nie erlebt. Gehen ging erstmal überhaupt nicht mehr … Und dann waren da auch noch drei klitzekleine Stufen, die man herabsteigen musste, um seine Medaille und eine wärmende Folie zu bekommen – das war wohl das größte Hindernis, das ich an diesem Tag überwunden habe. Danach ging es dann erst mal wieder an die frische, d.h. herbstlich-kühle Luft, um Verpflegung zu fassen. Essen mochte ich nach so einem Lauf natürlich kaum etwas, ein paar Trauben und eine Banane forderte die Vernunft aber. Dann noch einmal quer durch das reichhaltige Getränkesortiment getrunken – ok, das Bier ließ ich aus – und ab zur Kleiderbeutelausgabe. Hier kam man glücklicherweise über Rolltreppen hin … Und noch war hier wenig los, auch bei den Duschen – mit wirklich wunderbar heißem Wasser, dafür aber in der herrlichen Atmosphäre der Tiefgarage – gab es keine Schlangen. Da ich noch vor dem großen Andrang unterwegs schien und meine Oberschenkel mich wirklich nervten, gönnte ich mir noch eine Massage. Ob’s viel geholfen hat, weiß ich zwar nicht – angenehm war es trotzdem … Die Waden waren ja wirklich bis zum Schluss überhaupt kein Problem. So erholt haben sie sich jedenfalls nach einem Marathon noch nie gefühlt – die CEP-Strümpfe scheinen also doch etwas zu bringen. So, das war jetzt für heute genug geschafft – den Rest des Sonntages werde ich erst mal „regenerieren“ …
Ach so, die offiziellen Ergebnisse: Zielzeit war 3:00:33, das ist in meiner Altersklasse (MH) der 74. Platz, insgesamt Rang 573.
und noch die fotos: