Profis bei der Arbeit zuzuschauen ist immer wieder eine Freude. Das gilt auch für Läufer — insbesondere für solche wie Kilian Jornet. Hier ist er zu sehen, wie er beim Mont-Blanc-Marathon eine (nebenbei auch durchaus ausgesetzte …) Passage am Aiguillette des Posettes mit Eleganz und Effizienz meistert:
Schlagwort: technik
Einen vielversprechenden Titel trägt das Buch von Kirsten Poulin, Stan Swartz und Christina Flaxel: From Novice to Master. Wenn das auf den 175 Seiten gelingt, wäre das ja schon viel … Natürlich ist es nicht ganz so einfach, Laufen muss man eben immer auch trainieren, unabhängig vom Untergrund und der Umgebung. Das verschweigt das Autorentrio (immerhin zwei Frauen!) auch nie. Denn dieses amerikanische “Lehrbuch” ist sehr gewissenhaft und gründlich. Der Rundumschlag ums Trailrunning umfasst hier:
- Introduction to Trail Running
- Planning a Run
- Training, Conditioning, and Preparation
- Recovery
- Environmental Factors, Navigation, and Safety
- Injury Prevention and Treatment
- Brining it tot the Next Level: Ultrarunning
Diesser Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt, denke ich, auch sehr gut die Ausrichtung dieses Buches. Hier geht es nicht um tolle Läufe, um Lauferlebnisse oder Wettkampferfahrungen. Sondern, wenn man so will, um die Basics, die das alles erst überhaupt möglich machen.
Leider war das Buch wohl etwas zu früh für den momentanen Trail-Boom. Und leider, leider ist es auch nur mit schwarzweiß-Photos (aber durchaus guten) versehen — schade. Recht ausführlich ist es in jedem Fall. Vor allem, was die Ausrüstung, auch für extremere Läufe, angeht. Eingehend berücksichtigt wird etwa der Sonnenschutz, der Einfluss von viel Wind, aber auch das Laufe im Schnee. Und wie in jedem Laufbuch auch ein kurzer Trainingsleitfaden. Nicht fehlen darf beim Trail natürlich die Lauftechnik, wobei die Autoren sich hier etwas zurückhalten und eher allgemeine Ratschläge geben. Das Bergauf- und Bergab-Laufen wird aber ausführlich gewürdigt. Und auch das Fallen: “A fall is an inevitable part of trail running.” (72) — sehr schön.
Erstaunlich viel steht hier dann auch zum Dehnen und zur Ernährung vor, während und nach dem Lauf.
Und etwas schlägt die amerikanische Perspektive schon durch. Nicht nur bei der Flora und Fauna, sondern z. B. auch beim Umgang des Läufers mit Wegen und der Angst vor Erosion — in “meinen” Laufrevieren ist das eher weniger ein Problem. Und wenn dann, ein durch die Bewirtschaftung und nicht durch die Läufer veursachtes. Überhaupt bemühen sich die drei Autorinnen sehr um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur. Wiederholt wird darauf hingewiesen, nichts mitzunehmen (außer Photos) und nichts zu hinterlassen (außer Fußspuren):
Always leave a natural environment as you found it, and minimize your impact. Take only photographs and enjoyable memories of your run. Leave only footpringts. Never litter. Pack it in, pack it out, which means that any materials you bring in should leave with you. (104)
Der schönste Tipp aber:
If you copme across mud puddles, snow patches, or wet spots, carefully run through them, not around them. Also, jump or step over any fallen trees. Running around them can cause trails to widen, increasing soil and vegetation damage. (104)
Insgesamt: sehr durchdacht und überlegt, mit dem klaren Ziel des kontrollierten, risiko-minimierten und Erlebnis-maximierten Trail-Laufs.
Kirsten Poulin, Stan Swartz, Christina Flaxel: Trail Running. From Novice to Master. Foreword by Mark Burnett. Seattle: The Mountaineers Books 2002. 175 Seiten. ISBN 0–89886-840–8.
Das ist schon fast eine Antiquität, dieses schon 1989 erschiene “Handbuch für Bergläufer” von Herbert Jost und Ludwig Geiger. Aber so weit ich sehe, ist — zumindest im deutschen Sprachraum — in den letzten Jahren nichts vergleichsbares erschienen.
Die beiden Autoren versuchten vor über zwanzig Jahren, als Berglauf noch als “junge” Sportart galt, eine mehr oder weniger umfassende “Anleitung” im Sinne einer Hinführung zum Berglauf zu geben. Das heißt, dass sie sich ganz stark und besonders der Technik des Laufens in den Bergen widmen. Also spielt das “richtige” Laufen, die richtige (d.h. effiziente und gesunde) Bewegung unter den besonderen Bedingungen des Gebirges die Hauptrolle in diesem Büchlein. Behandelt wird das mehr oder weniger steile Bergauf- und Bergab-Laufen, die richtige, angepasste Lauftechnik auf wechselnden Untergründen, auch auf ungünstig zu laufenden Unterlagen (Schnee z.B. oder nasses Gras — dazu heißt es erst einmal: “Nasse Wiesen abwärts zu laufen, ist etwa so wie auf Eis zu tanzen.” (42)).
Jost und Geiger stellen dabei knapp und prägnant das Wesentliche (soweit ich sehe zumindest) vor — der nicht sehr umfangreiche Text wird durch ein schmales Layout gestreckt. Die illustrierenden Fotos werden den heutigen Ansprüchen nicht mehr ganz gerecht (nicht nur, weil sie schwarzweiß sind, sondern vor allem aber, weil sie nicht sehr präzise gedruckt wurden …). Publikationen wie das Trail-Magazin oder Daniels Blog setzen die Latte für solche Fotos inzwischen ziemlich hoch. Dafür ist das Handbuch aber mit hilfreichen Zeichnungen zur Lauftechnik sehr instruktiv abgerundet.
Der Teil zur Ausrüstung, insbesondere zu den Laufschuhen, ist natürlich reichlich veraltet — da hat sich in den letzten zwanzig Jahren (1989 erschien das Handbuch) ja doch einiges getan, vor allem in der Entwicklung des Materials und spezialisierter Schuhe. Hier gibt es noch Laufschuhe mit Schusternägeln — so welche hatte ich in meinem kurzen Läuferleben noch nie in den Händen, geschweige denn an den Füßen. Anderes gilt freilich noch immer: “Kaufen Sie einen Schuh, der so leicht ist wie möglich und so stabil wie nötig” (51) — eine wohl zeitlose Laufschuh-Wahrheit. Aber immerhin habe ich dabei neben bei noch gelernt, was ein “Bidon” ist — nämlich eine Trinkflasche der Radfahrer …
Sehr ausführlich behandeln die beiden neben der Lauftechnik auch das Berglauftraining: umfassend, aber naturgemäß auf diesem Raum und in diesem Zusammenhang sehr knapp geschildert. Auch der Wettkampf wird nicht vergessen, und, was ich sehr lobenswert finde, auch die spezifischen Gefahren der Höhe, d.h. der intensiven Leistung in Höhenlagen, und der alpinen Umgebung werden ausführlich beleuchtet. Dazu haben sie sogar eine schön unübersichtliche Grafik entwickelt:
Ergänzt wird das noch um Ausführungen zum Berglauf in Beziehung zu anderen Sportarten und sehr knappen sportmedizinische Betrachtungen sowie einem Kapitel zum “mentalen” Training. Sehr schön sind aber auch die Seiten zum “Berglaufwandern” — das, was heute dann doch meist eher “Ultratrail” genannt wird, im Prinzip aber das gleiche ist: Laufen in den Bergen über lange Strecken, auch mal mehrere Tage, wofür die Autoren ein schönes Beispiel geben, eine 60km-Strecke zwischen Vaduz und Rätikon.
Also, seinen Titel trägt das “Handbuch für Bergläufer” duchaus zu recht. Noch einmal zur Übersicht das Inhaltsverzeichnis der 10+1 Kapitel:
- Was ist Berglauf?
- Aller Anfang ist schwer
- Die Technik des Aufwärtslaufens
- Die Technik des Abwärtslaufens
- Die Ausrüstung
- Das Berglauftraining
- Der Wettkampf
- Die Besonderheiten der Höhe
- Berglauf und andere Sportarten
- Berglauf und mentales Training
- Sportmedizische Aspekte zum Berglauf
Herbert Jost, Ludwig Geiger: Das Handbuch für Bergläufer. Oberhaching: sportinform 1989. 223 Seiten. ISBN 3–89284-036–9.