Tom McN­abs erstes Buch über den ersten amerikanis­chen Tran­skon­ti­nen­tal­lauf (Trans-Ameri­ka) habe ich mit großem Vergnü­gen gele­sen. Ges­pan­nt war ich daher auf seinen zweit­en Roman, der sich auch wieder um das Laufen und die Läufer dreht: Fin­ish. So ist zumin­d­est (para­dox) der deutsche Titel, im orig­i­nal heißt das tre­f­fend­er The Fast Men. Von den “Schnellen Läufern” (auch im Text mit großem S) ist immer wieder die Rede — die Män­ner (Frauen laufen hier nicht, sie unter­stützen nur mehr oder weniger brav ihre Helden), die es über­alle, in jed­er Stadt, jedem Gebi­et, jedem Staat, jedem Land gibt: Män­ner, die schneller laufen als die anderen.

Ange­siedelt in der zweit­en Hälfte des 19. Jahrhun­derts, im Wilden West­en Amerikas, dreht sich McN­abs Zweitling um eigentlich ein Trio von Läufern: Mori­ar­ty, schon etwas älter, mit Sportler­herz, aber immer noch mit Herzblut Läufer, Bil­ly Joe Speed und Buck Miller. Die treiben sich mit ihren Frauen bzw. Fre­undin­nen über­all in Ameri­ka und Eng­land herum, wo es etwas zu gewin­nen gibt. Und das gibt McNab reich­lich Stoff für viele wilde Episo­den. Denn genau das ist dieser Roman: Eine lange Rei­he von lose verknüpften Episo­den, die sich lose um das Laufen drehen. Aber eigentlich gar nicht in erster Lin­ie. In der Haupt­sache geht es um Aben­teuer, um Rast­losigkeit — und um Wet­ten. Gewet­tet wird auf alles und jeden, und ins­beson­dere Mori­ar­ty ist Meis­ter im Manip­ulieren von Wet­ten. Die Läufer, die prak­tis­cher­weise auch Schaus­piel­er sind, dienen als Anlass. Und wenn sie nicht gegeneinan­der laufen, dann sprin­gen sie eben. Oder besiegen ein Pferd. Oder Indi­an­er. Oder es geht um eine Art Boxkampf. Jeden­falls geht es nicht so sehr ums Laufen, um die Bewe­gung, um den Sport, son­dern vielmehr darum, ein Bild ein­er Gesellschaft zu ver­mit­teln, die als angenehm frei von Regeln und Zwän­gen dargestellt wird. Natür­lich sind die Pro­tag­o­nis­ten um Mori­a­try keine Bösewichte, obwohl sie ahnungslosen Mit­twet­tern mit üblen Tricks das Geld aus der Tasche ziehen. Natür­lich ist es irgend­wie erstrebenswert, so bindungs­los durchs Land zu ziehen — auch wenn am Ende die brave Eingliederung in Heirat und Sesshaftigkeit ste­ht: Aber eben erst nach der Phase des Aben­teuers, des wahren Mann-Seins.

Der deutsche Titel, Fin­ish — also “Schluss” -, bezieht sich übri­gens auf den let­zten Lauf, den das Trio untern­immt, bevor es die Sport- bzw. Wet­tkar­riere an den Nagel hängt. Das ist ein kom­pliziertes Wet­tren­nen mit drei Läufern und einem Pferd pro Mannschaft, das zwei Teams mehr oder weniger pro­fes­sioneller Läufer als Stel­lvertreter für Grundbe­sitzer aus­tra­gen und das bes­tim­men soll, wer die Wasser­rechte an ein­er Quelle bekommt/behält (die bei­den Viehzüchter eini­gen sich dann allerd­ings doch unab­hängig vom Aus­gang des Ren­nens …), mit dem der Roman dann auch reich­lich unver­mit­telt abbricht — der Epi­log bzw. der gesamte Schluss ist eine arg durch­sichtige, aufge­set­zte Kon­struk­tion, um ein Ende zu find­en (fast so etwas wie ein lieto fine, auch inhaltlich …).

Egal: Als Lauf­buch ist das lang­weilig, als Roman fand ich es auch nicht beson­ders span­nend und mitreißend. Tom McNab gelingt es nicht — was für so einen Episo­den­ro­man zen­tral wäre — glaub­würdi­ge, lebendi­ge Charak­tere zu entwer­fen, die Form hat entschei­dene Kon­struk­tion­ss­chwächen und die sprach­liche Gestalt kann da nicht hinüber weg tra­gen. Da gibt es bessere Beispiele (und deswe­gen gebe ich mein Exem­plar auch gerne wieder her …). Und sein Erstling Trans-Ameri­ka gehört dazu …

Tom McNab: Fin­ish. Berlin: Auf­bau 2011. 415 Seit­en. 9,99 Euro. ISBN 978–3‑7466–2739‑7.