Im späten September habe ich mich mal aufgemacht, die Erkundung der Umgebung um Regensburg über meine üblichen und bekannten Routen etwas auszuweiten. Die Idee war: Fünf Tage auf dem Rad in einer Rundtour, die zumindest irgendwie den Bayerischen Wald beinhalten sollte und den Großen Arber mitnehmen sollte, weil ich es bisher noch nicht geschafft hatte, da hinauf zu kommen, weder auf dem Rad noch zu Fuß oder irgendwie anders … Schnell stand dann ein grober Plan: Zunächst die Donau hinunter, dann in den Bayerischen Wald, durch die tscheschiche Republik nach Sachsen und von dort im Bogen wieder zurück nach Regensburg.
Die „Anreise“ am Samstag: Von Regensburg nach Zwiesel
Alles fing, natürlich, ganz harmlos an. Zunächst – nachdem wie immer etwas nervigen (aber noch im Rahmen) Durchqueren des Stadgebiets von Regensburg von Westen nach Osten – sogar recht langweilig. Den Donauradweg schön am Fluss entlang, da passiert nicht viel oder nichts, man rollt fröhlich vor sich hin und sammelt fleißig Kilometer. Am Samstag Morgen war auch wenig los, nur rund um die Ortschaften waren einzelne Menschen auf dem Deich oder den Wegen zu sehen, zu Fuß, mit Hund oder auf dem Rad.
Eine erste kurze Pause zur Verpflegung legte ich in Kiefenholz nach knapp 27 Kilometern ein. Und kurz darauf habe ich tatsächlich einen anderen Radler überholt, der sich dann für eine Handvoll Kilometer in meinen Windschatten hing – bis ich aus Schaltfaulheit an einem Mini-Buckelchen offenbar zu langsam wurde und ihn davonziehen ließ (und kurz danach noch die falsche Abzweigung nahm, so dass er dann auch wirklich weg war). Ansonsten passierte erst einmal immer noch nicht viel. Ich radelte durch kilometerlange Maisfeld-Ansammlungen, manches schon geerntet, manches noch auf dem Feld – das war aber auch schon das Höchste der Abwechslung. So gings dann auch schon an Straubing vorbei und kurz durch Bogen, wo ich mich bei einem Bäcker geschwind verpflegte und die Backwaren nach dem Durchqueren des Ortes auf einer Bank am Radweg verzehrte. 65 Kilometer war ich jetzt schon unterwegs und immer noch an der Donau. Aber nicht mehr lange, denn schon wenige Kilometer später führte mich meine geplante Tour dann allmählich weg vom Fluss – und ruckzuck war ich dann auch schon in den Hügeln als Vorbereitung auf den Bayerischen Wald. In den Dörfern dort gibt es offenbar sehr kreative Köpfe: Ich passiere die „Straße der Dichtungstechnik“ und kam wenig später durch die „Autobahnstraße“, die – große Überraschung – wirklich nahe der Autobahn (A3), die ich gerade gekreuzt hatte, verläuft.
So ging es dann auch weiter durch die Hügel, die Landschaft wirkte jetzt schon fast voralpenländlich – überall einzelne Höfe (es ist wirklich wahnsinnig, wie besiedelt (oder zersiedelt) diese Gegend ist, nicht nur in den vielen (immer mehr wachsenden) Dörfern, sondern auch permanent dazwischen und auch im Blick links und rechts immer dazwischen). In Albertsried sammelte sich gerade die Freiwillige Feuerwehr in Ausgehuniform für ein Foto, zwei von ihren Mitgliedern aus dem Nachbardorf kamen mir sogar auf dem (E-)Rad entgegen. Ich machte dann noch einen etwas komischen Abstecher weit nach Süden, fast bis Egg, um mich dann von dort aus an die Schlüsselstelle des ersten Tages zu machen: Die Auffahrt von Leithen nach Kalteck. Hier hatte ich schon 90 für meine Verhältnisse recht zügige Kilometer in den Beinen. Und nun türmte sich vor mir eine Wand. Das war dann wohl die Stunde der Wahrheit, der Teil, den ich schon bei der Planung verflucht habe, aber nicht vernünftig umgehen konnte: Der Anstieg nach Kalteck. Das sind mehrere Kilometer bei ca. 12 % – das zieht sich, die Straße ist wirklich fast durchgehend richtig steil. Und die kurzen, eingestreuten Erleichterungen sind nur graduell, flach ist da einfach nichts. Dieser Abschnitt ist einfach lang und hört nicht auf, sondern geht nach der Kurve immer wieder weiter … Mit zwei kürzeren Verschnaufpausen und dank des Rettungsrings, auf dem ich eine ganze Weile rumkurbelte (und dabei natürlich nur sehr zaghaft vorankam) ging es aber. Nach dem Sattel in Kalteck auf ungefähr 750 m Höhe durften die Höhenmeter in einer schönen Abfahrt auch gleich wieder vernichtet werden. Dann näherte ich mich auch schon schnell der psychologisch wichtigen 100-Kilometer-Marke, an der weiter nichts passierte. Die Route blieb jetzt aber welliger mit einigen kleineren Anstiegen und führte mich so ins Tal des Schwarzen Regen und schließlich nach Regen selbst.
Die Einfahrt nach Regen war von mir bei der Tourvorbereitung schlecht geplant worden und etwas arg verwinkelt, aber dafür ist Regen nun auch nicht groß und ich war schnell wieder raus und folgte grob dem Radweg nach Zwiesel. Der führte mich durch so schöne Ortsnamen wie Schweinhütt, Gstreit, Dreieck und Tausendbach. Und dann war ich auch schon in Zwiesel. Dank meines Navis fand ich auch mein Hotel, den Gasthof Posthalter in der Innenstadt, sofort und ohne Probleme – nach 126,7 Kilometeren in 5,5 Stunden Fahrzeit.
Der Gasthof Posthalter ist ein nettes Hotel, recht neu im alten Gebäude, sehr typische Hotelzimmer, aber ohne viel Charakter. Dafür habe ich mich im Restaurant sehr wohlgefühlt, vor allem gab es da gutes Essen, nämlich einen sehr leckeren Krustenbraten (ich musste ja die Chance nutzen, wenn ich mal unterwegs bin). Und am nächsten Morgen fand ich auch ein ansprechendes, gutes Frühstück, das mich ausgezeichnet für den zweiten Tag stärkte.
Die Tagesdaten: 127 km, 1150 hm. Die Aktivität mit Karte und allen Daten: Klick.
Die „Bergetappe“ am Sonntag: Von Zwiesel über den Arber nach Waldmünchen-Herzogau
Der zweite Tag fing natürlich wenig überraschend genau dort an, wo der erste aufhörte: in Zwiesel. Jetzt ging es aber gleich richtig in den Wald, den Bayerischen, und den Nationalpark dazu. Kaum war ich aus der Stadt raus, standen da auch schon die Bäume. Und gingen erst einmal nicht mehr weg. Meine Route führte mich durch das Tal der Zwiesel, vorbei an der Seebachhütte, nach Bayerisch Eisenstein. Damit hatte ich auch schon einmal ein paar erste Höhenmeter zum Aufwärmen gesammelt.
Aber die eigentlich kamen ja erst noch. Denn in Bayerisch Eisenstein ging es haarscharf vor der Staatsgrenze ab und hinauf, nun in Richtung Arber. Die Auffahrt zog sich dann ein bisschen, war aber gut zu fahren: Nicht besonders steil, aber immer stetig ansteigend, und auch relativ gleichmäßig bis zur Talstation des Skigebietes am Großen Arber auf einer Höhe von 1040 Metern. Eine ganz kurze Abfahrt auf der leeren Straße brachte mich zum Arbersee. Von dort ging es dann noch einmal ein Stück hinauf, dieses Mal bis gut 1100 Metern bei Bretterschachten. Nach einer kurzen Pause beim Langlaufzentrum schmiss ich die Jacke über und stürzte mich die schöne Abfahrt nach Bodenmais hinunter. Da war dann – Sonntag, kurz vor Mittag – im Ort viel los. Während der Arber noch in Wolken versteckt war (und es dort oben zeitweilig auch recht feucht war), war es hier unten doch deutlich freundlicher und angenehmer.
Nun erwartete mich auch schon die erste von zwei Baustellen des Tages: Die Straße nach Westen, aus Bodenmais hinaus, war einfach gesperrt, eine vernünftige Umleitung war nicht zu erkennen. Da hätte ich aber auch vermutlich sowieso keine Lust darauf gehabt. Also wagte ich mich in die Baustelle und es ging auch alles gut, allerdings langsam: Denn auf der abgefrästen Teerdecke machte es keinen echten Spaß (und selbst bei mäßigem Tempo testete ich damit jede Schraubverbindung am Rad, so rüttelte das alles durch). Aber immerhin kam ich gut durch die mehrere Kilometer Baustelle und musste nicht eine Alternative suchen. Ein paar kürzere, aber knackige Anstiege warteten ja noch auf mich. Der erste ging in Arnbruck gleich sehr deftig los, beruhigte sich dann aber glücklicherweise wieder. Oben, beim Eck, sah ich beim Pausieren dann schon das nächste Sperrschild auf der Straße nach unten auf die andere Seite. Da aber einheimische Autos von unten hochkamen, fuhr ich auch in diese Baustelle einfach hinein. Natürlich war auch hier dann wieder eine gutes Stück der Abfahrt die Teerdecke weggefräst, was mich ordentlich ausbremste. Aber am Sonntag Nachmittag war auch hier niemand am Arbeiten, so dass ich immerhin durchkam.
So gelangte ich dann nach Arrach, bevor es wieder in den nächsten Aufstieg ging. Auch der war gut zu bewältigen und nach einer kurzen Pause am Absetz auf dem Scheitelpunkt konnte ich mich wieder auf die Abfahrt freuen. Denn nun, nach knapp 70 Kilometern, waren die meisten Höhenmeter an diesem Tag bereits bewältigt. Weiter ging es dann recht angenehm in kleinen Wellen durch die Felder über Kolmstein, Neukirchen beim Heiligen Blut nach Furth im Wald. Über ein paar weitere Dörfer führt meine Route mich dann in den letzten Anstieg von Gleißenberg nach Herzogau, einem zu Waldmünchen gehörenden Dörfchen. Dieser letzte Anstieg wäre nun nicht mehr unbedingt nötig gewesen … Aber nach etwas mehr als 101 Kilometer stand ich dann schon wieder vor meinem Nachtquartier, dem Landhotel Gruber, einer sehr freundlichen, netten, ruhigen und angenehmen Herberge. Das Essen war allerdings sehr traditionell, sozusagen – in der Tradition des späten 20. Jahrhunderts der deutschen gut-bürgerliche Küche (wie das so schön heißt) ein ziemlich mäßiger Salat, ein großes Schnitzel und immerhin gute Pommes. Mit einer kleinen Portion Kaiserschmarrn als Nachtisch reichte das dann aber, denn den Tag über hatte ich nur zwei Riegel verdrückt und mich sonst ausschließlich am Wasser gut getan. Der Schlaf danach war dann aus irgend einem Grund nur mäßig, aber dafür erwartete mich am nächsten Morgen aber ein sehr leckeres Frühstück.
Die Tagesdaten: 101 km, 1700 hm. Die Aktivität mit Karte und allen Daten: Klick.
Die „Auslandsetappe“ am Montag: Von Waldmünchen-Herzogau durch den Böhmerwald nach Bad Brambach
Und so ging es auch in den dritten Tag mit gut gefülltem Magen. Nach der kurzen, aber schnellen Abfahrt nach Waldmünchen hinunter, die in der schon herbstlichen Kühle mich gut aufweckte, machte ich mich auf in Richtung Grenze zur Tschechischen Republik. Und ziemlich gleich hinter der Grenze machte sich meine Routenplanung sehr bezahlt. In einer Kombination aus BRouter und Komoot hatte ich nämlich die Route durch den Böhmerwald und die angrenzenden Regionen nach Norden, nach Bad Brambach in Sachsen, geplant. Und dabei in weiser Voraussicht besonders darauf geachtet, dass ich vor allem Nebenstraßen fahren würde.
So war es dann auch tatsächlich. Schon sehr kurz nach der Grenze ging es ab und erst einmal wieder in den Wald. Das war herrlich – so ganz alleine auf dem kleine Sträßchen. Gut, der Asphalt war nicht der beste, es war schon manchmal holprig und wellig, die Straße hatte offenbar kaum mehr Unterbau als ein Waldweg, wurde aber von großen LKW zum Holztransport genutzt. Dafür war aber auch nichts los – alle Viertelstunde mal ein Auto oder so. Und eine Menge Wald, wieder einmal.
Die tolle Route führte mich nahezu ausschließlich über die Dörfer, auf kleinen und kleinsten Sträßchen, manchmal kaum bessere Feldwege. Ich sah einige große Lkws, auch Container, die direkt im Wald mit Stammholz beladen wurden, herumstehen. Aber trotzdem: Schöner als verkehrsreiche perfekte Straßen war das allemal. Das gilt gerade in Tschechien. Denn die tschechischen Autofahrer*innen fahren einerseits selten langsam und tendieren andererseits etwas häufiger als die deutschen zum knappen, dichten Überholen. Das war mir schon am Sonntag aufgefallen, da war ich ja – auf der deutschen Seite – auch schon im Grenzgebiet mit entsprechendem Ausflugsverkehr. Und generell scheint sich das in letzter Zeit in Deutschland schon etwas zu bessern. Natürlich gibt es immer noch überall die Spinner, die besonders dicht überholen müssen. Aber die allermeisten achten zunehmend auf Abstand, auch wenn sie dafür abbremsen oder sogar kurz warten müssen. Das ist schon eine deutliche Entwicklung in die richtige Richtung.
Zunächst ging es also durch den Böhmerwald. Und das im stetigen Auf und Ab. Das blieb den auch ganzen Tag so. Und es blieb ein sehr kurz rhythmisiertes Auf und Ab, mit vielen kleinen Abfahrten und kurzen, aber durchaus immer wieder knackigen Anstiegen auf der anderen Seite des Baches, zur nächsten Ansammlung von Höfen und Häusern. Das war übrigens auch auffällig: Die Siedlungsstruktur unterscheidet sich schon deutlich, die Dörfer sind oft (nicht immer, natürlich) nur drei, vier, fünf Höfe und Häuser. Dafür ziemlich dicht beieinander, sobald ich aus dem eigentlichen Waldgebiet raus war und auf der Art Hochebene mit den vielen Tälern und Wellen unterwegs war. Diese vielen An- und Abstiege hatten übrigens auch meine Höhenmeterplanung durcheinandergebracht: Statt knapp 1100 Höhenmeter, wie Komoot bei der Planung behauptete, waren das gute 1500 – ein Unterschied, den meine Beine dann durchaus bemerkten.
Aber erst einmal ging es ja durch den Böhmischen Wald. Das war Wald im wahrsten Sinn des Wortes: Nichts als Fichten, Kilometer um Kilometer. Dann kamen die ersten Auflockerungen, die ersten paar Wiesen und Weiden. Und die Agrarflächen wurden größer, die Waldabschnitte kürzer, bis der eigentliche Wald ganz hinter mir lag. Das intensive Walderlebenis lag aber auch an der geplanten Route. Die führte mich nämlich schon direkt nach der Grenze von der Fernstraße weg auf kleine und kleinste Sträßchen. Das warr schon fast abenteuerlich, weil diese Straßen – manchmal nur ein besser Feld- der Waldweg – auch nicht immer sehr gut in Schuss waren. Da holperte so einiges und zwang zu etwas vorsichtigerem, zurückgenommenem Fahren.
Aber dennoch lief es gut. Große Abenteuer hatte ich ja für diesen Tag nicht geplant, keine Berge, keine langen oder steilen Anstiege. So kam ich richtig gut vorwärts, hatte viel Freude, weil ich dem Regen davonfahren konnte. Am späten Vormittag und mittags kam dann sogar immer öfter die Sonne zwischen den Wolken hervor. Das hatte morgens beim Start noch anders, nämlich weniger freundlich, ausgesehen.
Dann erwischte ich auch wieder einmal eine Baustelle mit gesperrter Straße. Ich versuchte natürlich wieder mein Glück und schaute, ob ich nicht trotz gesperrter Straße durchkomme (oft geht das mit dem Rad ja schon noch irgendwie). Hier war aber tatsächlich kein Durchkommen: Denn die Brücke über das Flüsschen war sehr gründlich abgebaut und noch kein Ersatz da. Also musste ich eben doch wieder umdrehen, die wunderbar glatte neue Straße wieder zurück und hoch und dann noch die eigentliche Umleitung. Das gab dann zusammen knapp 15 Kilometer mehr auf dem Tacho.
Der Routenverlauf blieb dann aber freundlich, vorwiegend über Feld, Wald und Wiese und ein paar Dörfer. Städte touchierte ich nur ganz selten, dafür einmal immerhin mit einem richtig steilen Hang. Da war ich glücklicherweise auf Zack und bin rechtzeitig auf den breiten Bürgersteig (wo keine Fußgänger unterwegs waren) ausgewichen, sonst hätte ich etwas weniger Spaß gehabt.
Das Ende zog sich dann auch ein bisschen, aber irgendwann tauchte dann tatsächlich „Bad Brambach“ auf einem tschechischen Wegweise auf. Und dann war es tatsächlich nicht mehr weit, noch ein letztes Stück auf dem recht neuen, grenzverbindenen Radweg und geschwind durch das etwas heruntergekommmen wirkende Bad Brambach zum Tagesziel, dem Parkhotel am alten Kurpark, wor ich rechtschaffen müde anlangte.
Das Hotel war zwar günstig, aber auch mit Grund. Das Zimmer war sehr einfach eingerichtet, das Bad hat auch schon lange keine Änderung (vermutlich seit ziemlich genau 30 Jahren …) mehr gesehen. Steckdose gab es nur eine in Fußbodennähe am Eingang des Zimmers – das ist dann doch etwas suboptimal, um die elektronischen Geräte zu laden. Dem Publikum war das wahrscheinlich egal, die 70-/80-Jährigen sahen nicht so aus, als wären sie große Smartphone-Nutzer. Das Abendessen war entsprechend einfach, das Frühstück dann regelrecht billig (und der Raum super eng und voll gestopft). Das war nun wirklich keine unbedingte Empfehlung wert.
Die Tagesdaten: 145 km, 1500 hm. Die Aktivität mit Karte und allen Daten: Klick.
Die „Regentour“: Von Bad Brambach durch das Vogtland nach Marktredwitz
Nach dem enttäuschenden Frühstück machte ich mich gegen 9 Uhr wieder auf den Weg. Es nieselte etwas unentschlossen, mal mehr, mal weniger, mal gar nicht. Die Straßen waren aber immerhin schon ordentlich nass. Meine heutige Route sollte micht in einem Bogen nordwestwärts durch das Vogtland führen und dann ins Fichtelgebirge, nach Marktredwitz (und damit zurück nach Bayern) bringen. Nach dem dritten Tag mit seiner ungeplanten Verlängerung hatte ich sie noch minimal gekürzt und mir eine weitere Abkürzung überlegt, als Möglichkeit, falls meine Beine nicht mitspielen wollten. Zunächst war aber erst mal losrollen angesagt: Ein Stück der gestrigen Route zurück und dann, im ersten Ort auf der tschechischen Seite, ab in die neue Route. Und dann stand ich auch schon bald wieder am Straßenrand: Das Hinterrad war platt (endlich, mein erster Platten am Rennrad!). Zum Glück war ich gerade in einem kleinen Dorf und zum Glück regnete es gerade nicht. Also baute ich das Rad aus und wechselte den Schlauch. Das ging einfacher als ich befürchtete, war aber mit nassem und dreckigem Rad eine rechte Sauerei. Und irgendwie bin ich auch noch mit der rechten Hand abgerutscht und habe mir am Zeigefinger die Haut aufgerissen, was natürlich auch schön blutete. Das Einbauen des wieder fahrtüchtigen Hinterrades – das Aufpumpen mit der Minipumpe ging erstaunlich gut, wenn auch nicht ganz zu meinem bevorzugten Luftdruck – war dann allerdings erstaunlich fummelig, ich hatte Schwierigkeiten, das Rad mittig einzubauen und die Bremse zum Funktionieren zu bringen. Aber auch das war dann geschafft, ich sammelte meinen Kram zusammen und machte mich wieder auf den Weg.
Nun fing es auch bald an ernsthaft zu regnen – zumindest so ernsthaft, dass ich in die Regenjacke wechselte. Das war dann zeitweise weniger lustig. Zum Beispiel bei der eigentlich schönen Abfahrt. Im stark strömenden Regen und den frischen Temperaturen machte das aber kaum Spaß: Ich traute mich nicht recht, fuhr also eher verhalten. Und trotzdem wurden die Hände kalt und kälter. Da hätte ich doch auf die langen Handschuhe (die ich ja im Gepäck hatte) wechseln sollen, unterließ das aber aus Sturheit. Es blieb dann beim Wetter ziemlich gleich: Der Regen ließ mal nach, wurde mal wieder stärker, machte auch die eine oder andere Pause. Aber richtig trocken wurde es an dem Tag nicht mehr.
Bei der als möglich geplanten Abkürzung kam ich dann auch gar nicht in Versuchung, denn genau hier war mal wieder die Straße wegen einer langen Baustelle gesperrt. Das tangierte mich aber nicht weiter, die geplante Route war fahrbar und führte mich mal wieder in Wintersporthöhen. Der Anstieg da hinauf war aber gar nicht schlimm. Die Abfahrt war dann viel rasanter – wieder einmal ein kleines Sträßchen. Aufgrund des eher widrigen Wetters und des unübersichtlichen Straßenverlaufs nutzte ich das aber nicht vollkommen aus, sondern fuhr lieber defensiv.
Die Strecke am vierten Tag mit mehreren Grenzübertritten war insgesamt eigentlich ganz nett, hatte allerdings mehrere kleinere und mittlere Städte zu durchqueren. Das Wetter blieb aber nicht nett, grau und nass war es den ganzen Tag. So konnte ich die Vielfalt der Streckenführung nicht so recht genießen und war dann doch recht froh, als ich nach 108 Kilometern und 900 Höhenmeter (die sich nach deutlich mehr anfühlten …) in Marktredwitz anlange. Dort hatte ich im Hotel Bär ein Zimmer gebucht, das sich als nett, aber auch als recht klein entpuppte. Vor allem das Bad war schon sehr eng und platzsparend gebaut. Doch das Hotelrestaurant bot gutes und reichhaltiges Essen, einen sehr leckeren Burger gönnte ich mir zur Stärkung.
Die Tagesdaten: 108 km, 900 hm. Die Aktivität mit Karte und allen Daten: Klick.
Die „Heimfahrt“: Von Marktredwitz nach Regensburg
Am Mittwoch, dem letzten Tag der Rundreise, genoss ich nach eher mäßigem und knappen Schlaf – ich konnte irgendwie kaum einschlafen – zunächst ausgiebig das sehr gute, vielfältige und reichhaltige Frühstücksbuffet (das beste Frühstück der Tour). Nach der sehr unkomplizierten und geschwinden Abrechnung war ich wieder auf dem Rad, und vom Start weg im Regen schon wieder. Da es aber nicht sehr stark (allerdings durchaus beständig regnete), fing ich erst einmal in der Windjacke an – es kam ja bald der erste (und hauptsächliche) „Berg“ des Tages, da würde ich schon warm werden. Die Beine waren allerdings wiederum alles andere als ausgeruht – aber irgenwie würde ich schon heimkommen …
Nach einer kleinen innerörtlichen Umleitung in Marktredwitz (der Tag fing gut an!), rollte es dann tatsächlich recht gut. Meist war ich wieder auf kleineren Straßen und Wegen unterwegs, das ist dann doch einfach viel angenehmer als auf den direkteren, aber stärker befahrenen Strecken. Später am Tag kam dann natürlich noch eine Sperrung, die ich vorsichtshalber ignorierte (die Umleitung war schon recht großräumig für Radfahrerbeine) und mit Glück problemlos durch die heute sowieso verlassene Baustelle kam. Den Vormittag über hatte ich verteilt immer mal wieder Regen, zum Glück meistens nicht sehr stark. Aber doch immerhin so, dass ich wieder schön nass war. Vor allem die Füße spürten das trotz Überschuhen, für die Hände hatte ich auf langfingrige Herbsthandschuhe gewechselt, was eine gute Entscheidung war.
Die Route am Abschlusstag war nun nicht gerade die schönste der Tour. Ich wollte ja heimkommen, deswegen habe ich mich für den direkteren Weg entschieden und auf landschaftliche schöne Tourenführung eher verzichtet – das waren im Plan immerhin doch noch knapp 140 Kilometer, für den fünften Tag also gerade genug. Dafür war ich jetzt eben mehr in den Städten (durch Weiden, Schwandorf, Maxhütte-Haidhof und so weiter) und dem dichter besiedelten Land unterwegs, immer wieder auch in der Nähe der Autobahn (oder unter und über ihr). Doch es ließ sich insgesamt durchaus ordentlich radeln. Nur war es heute eben nicht mehr so einsam und ländlich wie in den letzten Tagen. Aber dafür war die Strecke ja etwas flacher, ich konnte also, trotz der nicht gerade frischen Beine, durchaus Tempo machen. Und dann, auf dem letzten Stück am Regen bis hinein nach Regensburg, auf dem gut ausgebauten Regenradweg sogar (gefühlt) richtig Gas geben. Denn Radverkehr war an einem Mittwoch natürlich wenig, die Radwege hatte ich fast durchgehend für mich alleine. Und so erreichte ich dann schon recht früh am Nachmittag wieder Regensburg – verdreckt, aber glücklich.
Die Tagesdaten: 139 km, 700 hm. Die Aktivität mit Karte und allen Daten: Klick.
Die Gesamtwertung
620 km und knapp 6000 Höhenmeter hatten meine Beine mich in diesen fünf Tagen gebracht – und mir viel Freude gemacht. Das war bestimmt nicht mein letzter Ausflug in die bayerischen oder böhmischen Wälder und Mittelgebirge. Immerhin fünf Mittelgebirge habe ich ja gesammelt: Bayerischer Wald, Böhmischer Wald, Vogtland, Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald. Und das hat für mich wieder mal gezeigt: Es muss gar nicht immer spektakulär und weit weg sein, auch direkt vor der Haustür findet man genügend Abenteuer. Ein paar Tage hintereinander Radfahren ist immer wieder eine schöne Sache, die ich wohl öfters machen sollte. Gerade so eine Rundtour von Haustür zu Haustür kommt mir sehr entgegen: Das reduziert den Aufwand deutlich, man muss sich nicht um Organisation, Tickets und Fahrpläne kümmern, sondern kann einfach losfahren. Die Steigerung wäre jetzt noch, die Hotels nicht im vorhinein zu buchen (das hatte ich dieses Mal ungefähr 10 Tage vorher, nachdem meine grobe Routenplanung stand, gemacht), sondern einfach auf gut Glück loszufahren … Da bin ich bisher immer zu ängstlich gewesen. Aber vielleicht sollte ich das doch einfach mal probieren, um die Freiheitsgrade noch etwas zu erhöhen.
Besser wäre es freilich gewesen, ein oder zwei Wochen vorher zu fahren. Da war es nämlich noch wärmer und trockener. Das lässt sich freilich nicht immer perfekt planen. Aber immerhin hatte ich genügend Ausrüstung/Klamotten dabei, das hat sich eigentlich recht gut bewährt: Kurze Radhose und kurzes Trikot, dazu Armlinge und recht warme Beinlinge (die ich dringend gebraucht habe nach den ersten Tagen), sowohl eine dünne Windjacke, die nicht richtig wasserfest ist (aber ein leichtes Nieseln gut aushält) als auch eine ordentliche Regenjacke. Und natürlich Handschuhe in kurz und lang ebenso wie die Regenüberschuhe. Das passte zusmamen mit meinen (sehr reduzierten) Zivilklamotten und dem restlichen Kleinkram gut in die große Satteltasche, so dass ich mit Satteltasche und Oberrohrtasche für fünf Tage perfekt zurecht kam.