Den Vorteil, im katholischen Bayern zu wohnen und zu arbeiten, habe ich dieses Jahr für einen kleinen Radurlaub genutzt: Den Feiertag Fronleichnam mit dem “Brückentag” und einem zusätzlichen Urlaubstag am Montag darauf ergänzt und so fünf Tage genutzt, um mein Rad etwas auszufahren. Und damit ich das auch wirklich mache und nicht wieder auf der Couch lande, habe Regensburg dafür verlassen. Der Plan sah so aus: Am Donnerstag zu meiner Unterkunft für die nächsten Tage in Tauberfranken, dann dort einige kleinere Touren, und am Montag wieder zurück in die Oberpfalz. So ist es dann geworden:
Donnerstag (Fronleichnam)
Morgens, nach dem schnellen Packen und Rad fertig machen (das meiste war ja aber schon vorbereitet) das minimale Einrollen zum Prüfeninger Bahnhof. Und von dort bin ich dann erst einmal mit dem Zug los in Richtung Nürnberg — denn die komplette Strecke auf dem Rad wäre bei ca. 260 Kilometern gelandet und das erschien mir ob der mangelnden Fitness dann doch etwas viel für den Auftakt. Da natürlich ausgerechnet jetzt die Bahn an der Strecke Regensburg-Nürnberg arbeitete, hatte ich anders planen müssen. Also zunächst in einem nahezu leeren Zug nach Ingolstadt und dort umsteigen in den deutlich volleren — für Räder war nicht mehr viel Platz — Zug nach Nürnberg (der aus München kam und deshalb gut gefüllt war). Bis Nürnberg habe ich mich aber nicht fahren lassen. Ich wollte nicht mitten in der Stadt meine Tour beginnen, das macht ja meistens eher weniger Spaß, zumal wenn man sich gar nicht auskennt. Also habe ich den Zug in Allersleben, dem letzten Halt vor Nünrber, verlassen — ein typischer Pendlerhalt, scheinbar im Nirgendwo zwischen den Orten, dafür mit sehr großzügigen Parkplätzen. Meine Route — die ich mir vom nicht genug zu lobenden BRouter erstellen habe lassen — führte mich auf etwa 160 Kilometern in Richtung Nordwesten (so ganz grob zumindest …), nach Uissigheim — ein kleines Dorf, das man wirklich nicht kennen muss.
Die Sonne schien um 7.45 Uhr bereits merkbar, also habe ich noch geschwind mein Trikot auf (Hoch-)Sommer gewechselt und bin nach einem kurzen Frühstück endlich losgeradelt. Und das war richtig, richtig schön. Die Strecke war von Anfang an wunderbar: Schöne, an diesem Feiertag-Morgen nahezu menschenleere Nebenstraßen übers Land, durch Feld und Wald, durch Dörfer und kleinere Städte, über Hügel und Täler. Böse, lange, harte Steigungen waren nicht drin, vor allem der Anfang war sehr aufwärmfreundlich. Und so rollte es einfach.
Und es war wunderschön, einfach das pure Genießen. Ich mag das ja so sehr am Radfahren: Mit mir allein zu sein, einfach ich und mein Rad (und mein Computer, der mir den Weg weist). Denn so erfährt man die Landschaft, die Umgebung, das Wetter, die Stimmung, kurz: den Tag und die Welt überhaupt viel unmittelbarer und auch direkter, dabei ganz unkompliziert und irgendwie “einfach”. Das ist einfach wunderschön. Sicher, das wird auch mal anstrengend und führt auch mal durch Gegenden oder Abschnitte, die nicht so wahnsinnig pittoresk sind — hier ein paar Kilometer Bundesstraße zum Beispiel, dort eine alte Militärstraße mit Betonfahrbahn, … Aber dennoch oder gerade deswegen: Das hat eine Schönheit, gerade in der (scheinbar) unbeschwerten Einfachheit, die man (ich) auf diese Weise ganz anders erfährt als wenn ich zum Beispiel mit dem Auto durchfahren würde.
Das ist übrigens auch ein echter Segen der GPS-Navigation mit dem Garmin, den ich gar nicht genug schätzen und loben kann: Die Navigation passiert nahezu von selbst. Bei Orts- und Stadtdurchfahrten wechsle ich gelegentlich die Ansicht, um besser zu sehen, wohin die Route geht — aber sonst funktioniert das enorm gut, sich einfach auf die Navigationsansagen zu verlassen. Und das macht das Touren so ungeheuer entspannt. Von der Strecke, die ich gefahren bin, kannte ich so ungefähr (und das auch nicht richtig gut) die letzten fünf Prozent. Der Rest war mir völlig unbekannt — nicht nur die konkrete Route, sondern überhaupt die ganze Region(en), die ich durchfuhr. Das war mit Papiernavigation nie so gelassen zu machen. Und wahrscheinlich hätte ich so eine Route auch ohne Computerunterstützung nie geplant: Da sind schon mal einige scheinbar überflüssige Abbiegemanöver drin — vor allem, um belebtere Straßen zu vermeiden. Das gelingt dem BRouter wirklich gut, besser übrigens auch als etwa Komoot oder Garmin.
Sechs Stunden habe ich mich so herumgetrieben, mit ein paar Päuschen hat das sehr gut geklappt. Sehr gut geklappt hat an diesem Tag — und auch den folgenden — übrigens auch die neue Hose von Everve. Als ich die das erste Mal in den Händen hielt, war ich etwas skeptisch ob der zwei kleinen Polster. Aber die sind so geschickt konstruiert und geformt, dass diese Hose wirklich ausgezeichnet funktioniert — besser als die meisten anderen Radhosen mit ihren deutlichen dickeren udn aufwändigeren Polstern. Kann ich wirklich sehr empfehlen!
Und so radelte ich also vor mich hin, durch ziemlich viel Landschaft. Das meiste war im offenen Land, nur kürzere Waldstücken waren dabei. Grob führte meine Fahrt mich über Schwabach und Roßtal nach Illesheim. Da war übrigens der einzig schlechte Abschnitt meiner Tourplanung: Die minimale Abkürzung über die betonierte Militärstraße (im Umfeld der dortigen US-Basis) wäre so eigentlich nicht nötig gewesen. Die nächsten Stationen waren dann Uffenheim und einige kleine und kleinste Dörfer nach Unterwittighausen und weiter über Grünsfeld und Gerlachsheim ins Taubertal. Dem folgte ich durch Tauberbischofsheim nach Hochhausen, um die letzten Anstrengung, die letzten beiden (vor allem nach gut 150 Kilometern nicht ganz einfachen) Hügel bis nach Uissigheim. Nach ziemlich genau sechs Stunden Fahrzeit waren die 160 Kilometer und gut 1000 Höhenmeter dann absolviert und ich konnte mir die Dusche aufbauen, um den Schweiß loszuwerden.
Und wieder einmal zeigte sich: Die Erschöpfung längerer Radtouren ist irgendwie anders als beim Laufen. Vermutlich spielt der (Fahrt)Wind keine geringe Rolle. Jedenfalls brauche ich doch immer recht lange, mich von so etwas zu erholen — und überhaupt wieder Hunger und Durst zu haben.
Freitag
Am Freitag, den ersten vollen Tag, hatte ich nur eine Vormittags-Tour geplant. Mittags war nämlich Grillen mit Familien eingeplant. Viel mehr wäre aber auch nicht sinnvoll gewesen, zumal in der Runde, die ich grob in Richtung Süden von Uissigheim aus geplant hatte, einige Hügel, die fast schon Berge sind, drin waren.
Und meine Güte, die Hügel in Tauberfranken und Umgebung sind wirklich nicht zu unterschätzen. Da sind ganz schön knackige Steigungen dabei. Das ist ja auch so etwas, was man beim Unterwegssein mit motorisierten Fahrzeugen schnell unterschätzt und gar nicht mehr wahrnimmt. Gerade die Anhäufung von scheinbar kleinen, harmlosen Steigungen lässt sich auf dem Fahrrad doch ganz anders “erfahren”. Deswegen waren die Touren vor Ort dann etwas kürzer.
Für Freitag hat mein Routing mich manchmal etwas arg abseits geführt. Das liegt auch daran, dass in Baden-Württemberg (oder vielleicht auch nur in dieser Region?) viele befestigte Feldwege offiziell Straßen sind, also keine Nutzungsbeschränkung (oder höchstens eine Gewichtsbeschränkung, nicht aber das typische “Land- und Forstwirtschaft frei”) haben. Dadurch kommen sie viel mehr in den Blick der computerisierten Routen. Das kann sehr schöne Effekte haben, manchmal aber auch einen Tick nerven. Ich hatte zum Beispiel einen wunderschöne Waldabfahrt dabei. Weil das aber eben so ein asphaltierter Waldweg war, konnte ich das nur halb genießen — über 30 km/h wollte ich meinen Rädern hier kaum zumuten, dafür waren doch einfach zu viele Löcher und Kanten da … Aber quasi zur Belohnung hatte ich dann unten einen wunderschönen Abschnitt durch die Felder und Wiesen eines Seitentals, ganz verlassen und leer von Menschen und Maschinen. Das wiegt dann die weniger geglückten Stellen sehr schnell wieder auf …
Jedenfalls ging es von Uissigheim erst einmal grob nach Süden. Über versteckte Wege zunächst nach Königheim und über Gissigheim nach Buch. Da hatte ich dann schon anderthalb Berge hinter mir. Und es ging eigentlich erst richtig los, auf einer sehr schönen Strecke durch den Wald nach Uiffingen. In Wölchingen bog ich dann ab — und gleich voll in den Berg hinein, vom Ort aus schon in eine knackige Steigung, die jetzt schön in der Sonne zwischen den Wiesen lag … Oben angekommen, musste ich das bisschen Schatten, das ein kleines Waldstückchen spendete, erst einmal für eine kurze Pause nutzen. Nach einer kurzen Abfahrt ging es nach Epplingen nämlich gleich wieder hinauf. Zwar nicht sehr lang, aber doch ziemlich knackig. Die Abfahrt nach Kupprichhausen entschädigte immerhin etwas. Dem folgte aber gleich wieder ein guter Anstieg. Doch dann auch, logisch, wieder eine schöne Abfahrt, die tatsächlich sehr genussvoll war — bis an den Ortsrand von Tauberbischofsheim. Da bog ich dann wieder ab und musste für die Erholung auf der Abfahrt ordentlich büßen. Die Straße nach Eiersheim führt nämlich, wen wundert’s, noch einmal über den Berg. Doch von Eiersheim war dann Uissigheim nicht mehr weit und die “kleine” Runde auch schon beendet. Damit war es dann aber auch genug für den zweiten Tag — zumindest genügend Hügel …
Diese “kleine” Runde wartete mit 62 Kilometern und knapp 900 Höhenmetern auf und wurde von mir in ca. 2:45 Stunden gefahren.
Samstag
Für den Samstag hatte ich eigenlich eine Radpause eingeplant. Angesichts des Wetterberichts, der für Sonntag Regen vorhersagte, tausche ich das dann aber doch und setzte mich morgens wieder in den Sattel. Dieses Mal führte meine Planung mich in die andere Himmelsrichtung, nach Westen und in den Norden: Über die Hochebene und dann ins Erftal hinunter und beinahe bis zum Main, in Eichenbühl wieder hoch und in einem größeren Bogen zurück. Die Strecke von Eichenbühl hinauf, früher für ein (Auto-)Bergrennen genutzt, kannte ich nur von einer Autodurchfahrt. Und der blickte ich etwas mit Bangen entgegen. Denn natürlich waren meine Beine nicht frisch, das merkte ich schon recht deutlich. Der “Berg” war dann aber gar nicht so schlimm: Die Straße hat eine sehr gleichmäßige, nicht übermäßige Steigung. Und ich hatte, wohl eher per Zufall, sehr schnell den richtigen Gang erwischt. Und in dem bin ich das dann doch recht entspannt die paar Kilometer hochgekurbelt. Klar, das war nicht besonders schnell. Aber besonders hart und langsam eben auch nicht. Das einzig wirklich nervige war der junge Agrartechniker, der mit seinem überdimensionierten Traktor und Jauchefass mit regelwidrig so dicht überholen musste, dass ich den Fahrtwind der Räder an meinem Arm spürte — von wegen zwei Meter Mindestabstand außerorts!
Bis Erlenbach war meine Strecke eher unspektakulär gewesen: Über Külsheim und die alte Straße nach Steinbach, Hundheim und Richelbach. Von dort ging es dann sehr geschwind runter ins Erftal, das ich bei Riedern erreichte. Dem folgte ich dann, auf regennasser Fahrbahn, bis Eichenbühl. Nach den ersten 25 Kilometern ging es dann in die ca. 5 Kilometer lange Steigung. Und oben genoss ich dann das Fahren: Es ist eben doch immer wieder eine ungeahnte Befriedigung, wenn der Berg sich endlich abflacht und die Hochebene sich eröffnet … Und hier, auf meinem weiteren Weg über Neunkirchen, Nassig, Sachsenhausen nach Hundheim waren dann noch ein paar geschickt platzierte Wellen drin, die mein Tempo gut erhöhten — das fühlte sich herrlich geschwind an, so über die Höhe zu brausen. Das rächte sich natürlich dann zunehmend. Die eigentlich harmlosen Wellen und eher unbedeutenden Anstiege wurden zum Ende immer mehr zu Bergen, die sich vor mir aufzutürmen schienen. Ich schaltete ständig hoch und runter, das Tempo schwankte entsprechend immer mehr. Die Beine waren jetzt halt doch ausgiebig erschöpft nach den ungewohnten Anforderungen und Belastungen der letzten Tage. Aber irgendwann war dann Külsheim durchfahren und die letzten Kilometer nach Uissigheim auch noch zu schaffen.
Das schlug dann mit 58 Kilometern, etwas mehr als 600 Höhenmeter und 2:15 Stunden zu Buche.
Sonntag
Sonntag war dann “Ruhetag”, das Wetter entsprechend der Vorhersage auch regnerisch, immer wieder kleinere Schauer. Ich nutzte das zum ausgieben Lesen, einem kleinen (wirklich nur kleinen) Läufchen und einem längeren Spaziergang.
Montag
Am Montag stand schon die Rückreise an. Die habe ich wiederum kombiniert mit Rad und Zug übernommen. Zunächst gut zwanzig Kilometerchen (und einen knackigen Hügel) mit dem Rad nach Lauda-Königshofen, dann mit dem Zug über Würzburg und Nürnberg nach Neumarkt in der Oberpfalz. Und von dort eben die restlichen knapp 65 Kilometer wieder mit dem Fahrrad. Das war auch wieder eine ganz nette, sanft hügelige Strecke. Nicht so wahnsinnig spannend — vorwiegend auf dem Radweg direkt neben der Bundesstraße -, aber es hat auch sehr gut funktioniert: Aus Neumarkt hinaus geht es erst einmal in einen knackige, sich ziemlich ziehenden Anstieg. Nach der geschwinden Abfahrt nach Deining wiederholt sich das noch einmal in einer kürzeren Variante. Die weitere Strecke über Batzhausen, Seubersdorf, Daßwang und Hemau ist dann eher sanft gewellt. Von Hohenschambach geht es dann steil hinab nach Deuterling am Bach. Und dann kannte ich mich auch wieder aus: Über Deuerling und Undorf bin ich hinüber ins Naabtal, um dann recht entspannt mit der Mariaorter Eisenbahnbrücke die Donau wieder zu überqueren. Und kaum war ich zu Hause in Regensburg angelangt, konnten die dunklen Wolken, die mich schon länger begleitet hatten, ihr Versprechen endlich einlösen und etwas Regen beisteuern.
Zusammen ergibt das für den Montag knapp 83 Kilometer mit etwa 660 Höhenmetern, die ich in etwas mehr als drei Stunden geradelt bin.
Touren-Übersicht
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