Es hat tatsächlich geklappt. Der Streak hält nun seit 300 Tagen, das erste Jahr ist also bald voll. Natürlich gab es Höhen und Tiefen, Lust und Frust. Aber das gehört ja gerade dazu. Und inzwischen ähnelt das, was ich da treibe, auch wieder dem Laufen: Die langen Läufe verdienen ihren Namen so langsam wieder (bei über 25 Kilometern), das Tempo wird insgesamt höher und spreizt sich vor allem stärker. Und die Wochenumfänge lassen sich — mit um die 100 Kilometern — auch wieder sehen …
Es geht also voran, der Streak wird hoffentlich auch noch lange halten. Und zum nächsten Marathon — Regensburg im März — habe ich mich auch schon wieder angemeldet …
Autor: Matthias (Seite 2 von 18)
Leser mit allerlei Ansprüchen und ausdauernder Läufer. Je nach Tagesform auch mal ausdauernder Leser und Läufer mit allerlei Ansprüchen.
Beinahe hätte ich es verpasst: Das erste Streakjubiläum. 50 Tage laufe ich jetzt ununterbrochen. Und ab jetzt kann ich das für mich auch einen echten Streak nennen. Die erste Hürde ist geschafft — nicht nur, was die Zahl auf dem Papier angeht, sondern auch die erste Umstellungshürde, das erste Gewöhnen an das tägliche Laufen. Das zumindest steht jetzt erst mal nicht mehr in Frage. Nur die Strecke, die ich täglich laufe, die ist gerade noch im Wandel: Sowohl was den Umfang an jedem Tag als auch in der Woche angeht. Und auch, was das Tempo angeht. Zunächst freilich müssen erst einmal die Wochenkilometer hinauf und die Läufe — beziehungsweise mindestens einer davon pro Woche — länger werden. Den letzten Schritt in beiden Kategorien in dieser Woche merke ich gerade ganz schön. Erschöpft sind die Oberschenkel gerade schon, so viel mussten sie schon lange nicht mehr leisten. Gerade weil ich am Wochenende auch im Odenwald gelaufen bin und da noch ein paar Höhenmeter oben drauf kamen 😉
Ja nun, so langsam wird es tatsächlich etwas. Trotz einer etwas hartnäckigen Erkältung mit Husten, der nicht weggehen will, bin ich mittlerweile schon bei Tag 40 des täglichen Laufens. Und ich gewöhne mich tatsächlich wieder daran. Und ganz langsam, sehr gemächlich, steigen auch die Umfänge wieder, Kilometer für Kilometer. Immerhin bin ich inzwischen auch schon über 10 Kilometer hinaus gekommen. Aber das Tempo ist noch sehr gemächlich. Doch zuerst steht die Ausdauer auf dem Programm — die Läufe müssen länger werden, die Wochenkilometer mehr. Erst wenn das erledigt und stabilisiert ist, geht es an das Tempo. Aber ich bin zuversichtlich: Momentan läuft es wirklich ziemlich geschmeidig, die Motivation ist da, die Fortschritte zeigen sich langsam auch.
Der Streak — mal wieder ein Neuanfang … — hat fast aus Versehen begonnen. Nachdem ich an den Tagen um den Jahreswechsel täglich lief, kam ich schnell auf die Idee, das als gute Gelegenheit zu nutzen, mal wieder Konsequenz und Zug in mein Laufen zu bringen und nicht nur so herumzutrödeln … Na gut, trödeln tue ich immer noch, das aber nun täglich. Denn so unfit wie ich bin, ist es weder mit den Umfängen noch mit dem Tempo weit her. Aber die Umfänge werden nach zwei Wochen schon wieder etwas größer — ganz gemächlich geht es aufwärts in der Statistik. Das Wetter ist freilich nur so mäßig hilfreich: Der Schnee und die Kälte machen den Streakbeginn nicht gerade einfacher. Aber andererseits: Wenn ich das jetzt durchstehe, wird der Rest ein Klacks 😉
Ein schöner (nicht sehr langer) Abendlauf in die untergehende Sonne an der Momarter Eiche, einem beeindruckenden Naturdenkmal, hat mich zu ein paar Fotos verführt:
Auf gut 250 Seiten versprechen Adam W. Chase und Nancy Hobbs, alles zu vermitteln und zu erklären, was man über Ausrüstung, das Finden von Trails, Ernährung, Hügelstrategie, Wettkampf, das Vermeiden von Verletzungen, Training, Wetter und Sicherheit (in dieser Reihenfolge ist es der ausufernde Untertitel) wissen muss. Das ganze nennt sich dann bescheiden The Ultimate Guide to Trail Running.
Ich glaube nicht, dass es der ultimative Ratgeber ist. Sicher, die behandelten Themen erschöpfen das Gebiet Trailrunning ziemlich vollständig. Aber: Zum einen sind die Ratschläge fast immer sehr allgemein, oft sogar abstrakt gehalten. Ich weiß nach der Lektüre also immer noch nicht alles … Zum anderen ist vieles sehr USA-spezifisch. Etwa, wenn es um die Gefährdungen auf dem Trail geht: Da gibt es Bären, Mountain Lions, Schlangen und Poison Ivy — also lauter nordamerikanische Spezialitäten. Zum Ausgleich widmen die Autorinnen ganze 30 Seiten dem Ausrichten von Trailwettkämpfen (das hätte ich nicht unbedingt wissen müssen — allerdings, wenn ich ehrlich bin: das meiste wusste ich auch hier schon …)
Denn: gesunder Menschenverstand und Achtsamkeit für sich selbst, die Umgebung und das Geschehen würden schon viele der Ratschläge ausreichend beschreiben oder ersetzen. Zumal sie vieles selbst immer wieder einschränken: “depending on your form” heißt das gerne, wahlweise gelten die Tipps auch abhängig von der verbleibenden Kraft und Ausdauer, der Müdigkeit, dem Terrain oder ähnlichem. Das ist eben die Crux, wenn man den ultimativen Führer schreiben will: Damit es überall und für alle passt, bleiben nur noch Gemeinplätze übrig:
Falling is an unfortunate inevitability of downhill trail running. (37)
Ein paar Dinge sind aber auch gut: Die Trail-Definiton zum Beispiel und die Klassifizierung von Trail, Fell, Mountain, Sky etc.:
The majority of the trails referenced in this book will have at least three of the four following characteristis. They will: (1) be unpaved; (2) have natural obstacles that may include but are not limited to rocks, tree stumps, tree roots, dirt, gravel, mud, moraine, leaves, ice, snow, and creek crossings; (3) have a significant gain or loss of elevation; (4) include scenic vistas. (5)
Die Tipps zum richtigen, effektiven Laufen von Steigungen hoch und runter sind auch recht gut. Und es gibt eine Menge (und das heißt wirklich: eine irre Menge) Anekdoten und Zitate von amerikanischen Trailläufern und ‑läuferinnen. Und — das ist in solchen Büchern eher selten — sie versuchen immerhin eine kurze Geschichte des Trail Running (als Sport, nicht als Fortbewegung bei der Jagd oder ähnlichem) und gehen dafür bis in mittelalterliche England zurück.
Und im Prinzip stimmt auch alles, was hier steht. Zumindest konnte ich keine groben Schnitzer entdecken. Wie hilfreich das Buch ist, bleibt aber eine andere Frage. Für Trail-Anfänger ist es ja eigentlich unnötig, finde ich. Zum Trailläufer wird man doch immer noch am ehesten und besten, indem man einfach rausgeht und draußen läuft. Auf die meisten der hier versammelten Ratschläge kommt man den sehr schnell von ganz allein, auch ohne dass man große Fehler begehen muss. Mein Fazit ist ganz klar: Auch ohne den Ultimate Guide hat man gute Chancen, ein Trailläufer zu werden.
The best way to deal with mud on the trail is to enjoy it and get as dirty as possible early in the run so you won’t worry about it thereafter. (39)
Adam W. Chase, Nancy Hobbs: The Ultimate Guide to Trail Running. Everything You Need to Know About Equipment, Finding Trails, Nutrition, Hill Strategy, Racing, Avoiding Injury, Training, Weather, Safety. 2. Auflage. Guilford, Helena: Falcon Guides 2010. 254 Seiten. ISBN 9780762755370.
150 Fragen beantwortet Norbert Madry, der selbst Ultraläufer mit langer Erfahrung und auch Trainer ist, auf den gut 170 Seiten seines gerade erschienen Ultralauf-Kompass. Eigentlich sind es sogar 300 Antworten: Es gibt nämlich immer eine kurze, sehr pointierte Antwort, die meist nur aus einem knappen Satz besteht, und eine ausführliche, erklärende, die sich auch mal — aber nur selten — über mehrere Seiten ziehen kann. Manchmal ist der Ton etwas arg schnoddrig für meinen Geschmack, aber das ist natürlich eine subjektive Einschätzung.
Macht Ultralaufen doof?
Ja, aber glücklicherweise nur vorübergehend. (24)
Eine Menge Stoff also. Und Madry packt in den Fragenkatalog auch so ziemlich alles, was wichtig ist — und wenn er etwas nicht behandelt, wie zum Beispiel die Ausrüstung und Ernährung, dann weist er zumindest darauf hin und begründet das mit dem fehlenden “Ultraspezifikum”: Wenn das, was fürs Marathonlaufen gilt, auch beim Ultralauf Anwendung findet, mag er es nicht auch noch mal behandeln. Ein sehr sympathischer Ansatz. Denn ein Buch, dass sich an Ultraläuferinnen (oder zumindest Ultra-Interessierte) wendet, wird in der Regel nicht auf Laufnovizen treffen — ein gewisses Grundwissen dürfte also vorhanden sein und das setzt Madry auch voraus.
Das Frage-Antwort-Format passt ganz gut, weil er recht bodenständig vor allem auf (seine) Erfahrungswerte setzt, ohne große Theorien: Nach dem Motto “Aus der Praxis, für die Praxis” ist der Ultralauf-Kompass tatsächlich so etwas wie “ein kleiner, sehr subjektiv gefärbter Laufkumpel in Buchform” (8). Gut gefallen hat mir auch, dass er immer wieder einräumt: Hier präsentiere ich meinen eigenen Blick auf die Materie, manche Antworten könnte man auch anders geben und nicht alle sind unbedingt für alle gültig. Er verfährt also nicht diktierend (so muss man es machen), sondern weist darauf hin: So kann man es machen, so hat es sich zumindest bewährt …
Auch wenn er im Vorwort das Buch ausdrücklich nicht nur für Ultras, sondern auch für interessierte Läufer oder Neugierige ob der Verrücktheiten, die verstehen wollen, was andere zu Ultras treibt, vorsieht, so ist das doch schon ein Laufbuch für Aktive. Madry konzentriert sich dabei vor allem auf die beiden “klassischen” Ultradisziplinen 100 km und 24 Stunden, bleibt also vorwiegend beim Straßenlauf. Zugleich sind die Ratschlägen, Hinweise und Antworten aber doch in der Regel so allgemein gehalten, dass sie sich für die meisten Ultrastrecken anwenden lassen.
Was ich auch noch festgestellt habe: Nachts kann man entweder schlafen oder laufen. (91)
Er fängt dabei mit allgemeinen Überlegungen zum Ultra an, bevor sich der Hauptteil — nämlich fast 100 Seiten — mit dem Training, untergliedert nach Grundlagen (als “Bausteine“ sind die recht treffend bezeichnet), Plänen, Besonderheiten und Jahresplanung, befasst. Abschließend gibt es noch zwei Kapitel zum Wettkampfgeschehen sowie der Psychologie und Soziologie des Ultras.
So weit ich das erkennen und beurteilen kann, sind das vorwiegen vernünftige Ratschläge, mit denen mal nicht viel falsch machen dürfte. Das Training zum Beispiel wird klassisch periodisiert in Grundlagen, spezielle Vorbereitung (mit Peak und eher zurückhaltendem Tapering), Wettkampfphase und Regeneration. Natürlich liegt der Schwerpunkt dann auf langen Läufen, die eigentliche Tempoarbeit erledigt Madry in der Nebensaison und lässt sie im Haupttraining nur noch erhaltend reaktivieren. Dabei gilt sowieso: Im Ultralauf-Kompass wird sich nicht für jedes Fitzelchen Trainingsgestaltung eine absolut gültige Antwort finden lassen. Denn Madry geht von einem mündigen, nach- & mitdenkenden Athleten aus, der auch schon über Lauferfahrung verfügt — das ist ja wohl auch der Normalfall, dass man meist schon ein paar Marathons und Kürzeres in den Beinen hat, bevor man an Ultras, zudem auch noch leistungsinteressiert, herangeht. Madry spricht dabei immer wieder gerne vom „läuferischen Gesamtkunstwerk“ — und das ist auch typisch: Nicht ein einzelner/wenige Ansatzpunkt ist erfolgsverheißend, sondern es sind sehr viele, sehr verschiedene Stellschrauben, an denen zur Leistungsverbesserung, zur Ausreizung der persönlichen läuferischen Potenzials, gedreht werden kann.
Ich habe es nicht ausprobiert (und auch nicht alles durchgerechnet). Beim Lesen des Ultra-Kompass sind mir aber aus meiner (bescheidenen) Ultraerfahrung jedoch keine groben Unstimmigkeiten aufgefallen oder Sachen, die mir suspekt erschienen. Allerdings gibt es eben auch keine „neuen“ Weisheiten — ganz wie es Madry eben verspricht. Sehr zurückhaltend (um es so zu formulieren) fand ich seine Einstellung zur Psyche beim laufen — ihm liegen die körperlichen Dinge offenbar mehr (und sie sind ja auch absolute Voraussetzung). Aber ich würde der mentalen Vorbereitung und Verfassung während Wettkampf/Lauf etwas mehr Bedeutung beimessen.
Aber der Ultralauf-Kompass ist auf jeden Fall lesenswert. Und er ist vor allem als Nachschlagewerk sehr hilfreich, wenn man sein eigenes, schlummerndes Halbwissen noch mal überprüfen oder korrigieren möchte …
Aber eine schöne Antwort auf die oft gestellte nervige Frage »Wovor läufst Du eigentlich denn weg??« ist: »Ich laufe vor nichts weg, sonder zu allem hin. Auch zu mir selbst, und ich bin noch lange nicht da.« (171)
Norbert Madry: Der Ultralauf-Kompass. Für alle, die es wirklich wissen wollen. Grünwald: Copress 2016. 176 Seiten. ISBN 9783767911116.
… ich versuche mich an den Waldlauf zu erinnern, den ich in der Früh gemacht habe. Die Ruhe, das monotone Aufsetzen der Füße. Ab und zu die Arme schlenkern, ganz locker. Tief durchatmen, das langsame Erhitzen des Körpers. Die vollkommene Leere im Kopf. Die Augen erfassen den Boden, die Baumstämme. Im Laufen tanzen die Bäume vor den Augen, ich laufe, bis die Landschaft vor meinen Augen auf- und abhüpft, wie ein verrücktes Fernsehbild … Urs Jaeggi, Brandeis, 10f.
Weiterhin ist wenig zu berichten: Ich trotte so in meinem Trott vor mich hin ;-). Es tut sich gerade erstaunlich wenig. Aber ich habe in diesen Tagen auch wenige (d.h. eigentlich gar keine) Impulse gesetzt. Von daher ist das natürlich kaum verwunderlich. Mal sehen, wie es nach dem 50-Tage-Jubiläum (dann fängt das Streaken ja eigentlich erst richtig an …) weitergeht …
Immerhin waren an diesem Wochenende zwei schöne (nur nicht sehr lange) Läufe auf den Höhen des Odenwalds möglich – den Orgelvertretungen seis gedankt … Am Samstag war ich nach eine Trauung zwischen Rehbach, Spreng und Brombachtal unterwegs: Eine sehr schöne Ecke ist das, die ich bisher nur von den Straßen vom Durchfahren kannte. Und heute habe ich in Böllstein am Panoramweg eine kleine Runde in der mittäglichen Sonne gedreht. Der Weg hat seinen Namen übrigens wirklich zu Recht, man sieht von dort wunderbar über das Gersprenztal bis zur Bergstraße hin …
Wiederum wenig zu vermelden von dieser Woche. Die Umfänge bleiben bescheiden, die Beine haben sich noch nicht so recht an ihre neue Bestimmung gewöhnt. Und das Wetter schlägt weiter Kapriolen – am Montag abends bei knapp 20 °C eine halbe Stunde im strömenden Regen gelaufen, am Freitag mittags dann bei 35 °C kräftig geschwitzt. Und heute beim Lauf durch die Äcker im Odenwald auf einmal knöcheltief im Schlamm gestanden: Der dauernde Regen setzt auch den Ackerboden in Bewegung. Und er macht das so geschickt, dass man nicht erkennt, wie tief der aufgelöste Boden auf dem befestigten Weg inzwischen steht – heute war es etwas mehr als ich gebraucht hätte (zumal ich vorher gerade meine eh’ eigentlich immer verdreckten Schuhe durchs beständige Laufen im nassen Gras schön sauber gemacht hatte, um den Preis nasser Füße …).