Auf dem Rheinsteig war ich ja schon öfter unterwegs. Diesmal sollte es ein Trainingsmarathon werden — zum 700. Tag ununterbrochenen täglichen Laufens (streaken) muss es ja etwas besonderes sein. Also verschob ich den Start von Eltville nach Erbach, das bringt ungefähr zwei Kilometer Strecke — und damit den Rest, der mir bisher zum Marathon gefehlt hat.
Das Prozedere war das übliche: Um kurz vor 9 bin ich in Mainz in die S8 gestiegen, die mich nach Wiesbaden brachte. Dort nahm ich die Regionalbahn in Richtung Koblenz — am Pfingstsamstag war das ein Wanderer-Zug. Und obwohl die Leute auch lauter komische Klamotten hatten, haben sie mich trotzdem seltsam angeschaut — mit meinen Kompressionsstrümpfen, kurzer Tight, ärmellosen, engen Singlet und zwei Flaschen in der Hand entsprach ich nicht den üblichen Reisenden — die waren mit schweren Schuhen, Stöcken und Rucksack unterwegs (weder schwere Schuhe noch Stöcke sind in der Gegend für irgend etwas nötig …).
Um 9:30 ging es dann in Erbach im Rheingau los. Das Thermometer zeigte schon 20 °C, die Sonne brannte vom wolkenlosen blauen Himmel recht unbarmherzig herunter. Meinen Weg, den ich mir so ausgedacht hatte, fand ich problemlos: Kurz nach dem Bahnhof ab und aus Erbach hinaus durch die Felder in Richtung Kloster Eberbach. Das heißt vor allem: Es ging gleich bergauf. Aber nicht sehr steil. Noch nicht. Kurz vorm Kloster traf ich dann auf das Sträßchen, das mich an die Klosterpforte führte. Dann noch schnell zwischen Schänke und Basilika durchs Kloster und auf der anderen Seite wieder hinaus. Da stand ich dann erstmal, im Wald. Aufgrund von Bauarbeiten an der Klostermauer war da nämlich ziemliches Durcheinander und ich fand keine Rheinsteig-Markierung. Das war nicht so prickelnd. Denn hier kannte ich den Weg ja so gut wie gar nicht — das bin ich nur mal vor Ewigkeiten in die andere Richtung gewandert … Aber die Richtung nach Kiedrich wusste ich noch, also war klar, wo ich suchen musste. Und kurze Zeit später fand ich den Rheinsteig dann auch tatsächlich. Der ging erst einmal bergauf — das macht er ja gerne … Hier aber so richtig: steil und matschig. Ich entschied mich für den Schongang und marschierte zum ersten Mal ein kurzes Stück. Dann ging es aber bald besser, im Wald etwas hinab und wieder hinauf und dann über eine der schönsten Stellen des Rheinsteigs (so weit ich ihn kenne): Die Wiesen oberhalb von Kiedrich. Mit wunderbarem Ausblick über das Tal auf einem ganz altmodischen Wiesenweg, ganz unbefestigt und eigentlich nur von den Wanderern genutzt. Inzwischen kamen mir von denen auch schon die ersten entgegen — es wurden noch einige heute, deutlich mehr als sonst. In Kiedrich habe ich dann minimal abgekürzt, damit ich nicht so viel im Ort rumlaufen musste. Hier wusste ich, was zu kommen hatte (hier kommt man nämlich von Eltville auf den Rheinsteig): Der Aufstieg zum Kiedricher Turm. Der ist so richtig steil. Die ersten paar Kehren bin ich noch gelaufen — schließlich musste ich Wanderer überholen. Nicht sehr klug, wahrscheinlich. Und durchgehalten habe ich es auch nicht. Auch vom Kiedricher Turm hat man einen schönen Ausblick. Vor allem bei solch einem Kaiserwetter.
Aber mit Pause war nix, ich hatte ja noch einige Kilometer vor mir. Zunächst durch die Weinberge, dann aber bald wieder in den Wald. Da ging es dann lustig auf und ab, mit mehr oder weniger viel Schlamm — teilweise war es ganz schön rutschig. So ging es dann auf und ab, meist durch den Wald, mit kurzen Wiesenstücken — so war die pralle Sonne noch gar nicht so “schlimm”. Irgendwann kam dann auch schon Schlangenbad — nach einigen Unsicherheiten bei verschiedenen Kreuzungen, wo ich mir nicht mehr sicher war, in welche Richtung der Weg ging — und beim Laufen gleichzeitig nach den Markierungen Ausschau halten und auf die ganzen Schlammlöcher und Stolperfallen des Weges zu achten ist anstrengend. Aber es hat ja immer geklappt — nur ganz kleine minimale Verlaufer waren dabei. Durch Schlangenbad ging es dann, inklusive unangenehmer Treppen im “Kurpark”.
Nach Schlangenbad, das war mir noch in Erinnerung, geht es erst einmal wieder hoch. Das ging dann aber tatsächlich noch einigermaßen, obwohl meine Beine mittlerweile schon deutliche Ermüdung meldeten. Dabei war noch nicht einmal die 20-km-Marke geknackt. Aber die meisten Aufstiege hatte ich jetzt hinter mir, hinter Georgenborn ging es ersteinaml bergab (allerdings so steil, dass es auch keinen Spaß machte). Und den schlimmsten gab es nicht mehr: In Frauenstein wurde die Wegführung zum Goethestein hinauf geändert und somit die steilste Passage — wenn ich mich recht erinnere, waren das vorwiegend Treppenstufen — umgangen. So war ich schneller als gedacht am Goethestein — die nächste Etappe, sozusagen. Allerdings, obwohl es jetzt flach wurde — es lag noch ein gutes Stück Weg vor mir. Zunächst durch die Weinberge, kreuz und quer, damit ja möglichst wenig Asphalt oder Beton dabei ist. Dann durch die Gärten vor Schierstein. Da konnte ich an einer Quelle noch einmal auftanken und mich erfrischen. Inzwischen hatte die Sonne und die ungewohnte Wärme nämlich erheblichen Tribut gefordert: Mein Singlet hatte schöne weiße Ränder, die Haare klebten in alle Richtungen, die Arme waren auch schon reichlich klebrig. Irgendwo dort in den Gärten verlor ich dann endgültig den offiziellen Rheinsteig aus den Augen. Aber das war dann egal, jetzt ging es eigentlich nur noch am Rhein hinauf in Richtung Mainz — vorbei auch am Biebricher Schloss, dass vom Wiesbadener Pfingstturnier in Beschlag genommen war. Inzwischen war der Weg zwar nicht mehr so anspruchsvoll — jetzt musste ich höchstens Spaziergängern ausweichen -, das Laufen wurde aber nur bedingt leichter. Denn die Ermüdung schlug jetzt doch ganz schön kräftig zu. Aber ein paar Kilometer noch — das sollte doch zu schaffen sein. Bis Mainz ging es auch. Aber auf der Theodor-Heuss-Brücke wurde mir langsam klar, dass nach den 42 Kilometern ziemlich sicher Schluss sein würde. Schluss war dann auch, aber sogar etwas früher. Irgendwo knapp vor dem Kilometer 41 ging mein Kreislauf in die Knie — und bevor ich im Laufen umkippte, machte ich der Qual lieber ein Ende und marschierte den Rest nach Hause.
Gut vier Stunden war ich unterwegs — also nicht gerade sehr schnell. Irgendwo ist meine Form abhanden gekommen. Dazu kam jetzt auch noch der Mangel an Wasser — getrunken habe ich wohl kaum mehr als 1,5 Liter — das war, gerade bei diesem Wetter, halt doch einfach zu wenig … Aber trotz aller Qual — es war dennoch wieder schön, so lange unterwegs zu sein, so einen schönen und abwechslungsreichen Weg bei so grandiosem Wetter unter die Füße zu nehmen.
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Das hört sich nach einer traumhaften Tour an!
Glückwunsch!
Ja, wirklich sehr schön. Der Rheinsteig hat es zwar in sich, was die Höhenmeter angeht. Aber er entschädigt mit guten Wegen und toller Landschaft mehr als genug — kann ich nur empfehlen!